Die Welt zu Gast in Ebikon

Text von Jessica Heller
Bilder von Jessica Heller

Noch nie habe ich die Floskel «Immer der Nase nach» so bewusst umgesetzt. Der Duft von frisch gerösteten Kaffeebohnen weist mir den direkten Weg zur Gourmet Rösterei Rast. Dort bin ich mit Evelyne verabredet, die mich in ferne Länder mitnehmen wird.

Die lange Kaffee Tradition der Familie Rast beginnt früh. Im November 1918 verkaufen Xaver und seine Frau Anna Kolonialwaren in einer kleinen Handlung in Meggen. Es sind Spezialitäten aus den verschiedensten Ländern, die für bunte Abwechslung auf den Tellern sorgen. Auch Kaffee spielt seit jeher eine tragende Rolle im Geschäft. Als jenes 1953 nach Luzern zieht, findet eine eigene Rösterei im grosszügigen Betrieb Platz. In der dritten Generation führen Markus und Trudy ein klares Kaffeekonzept ein und legen so den Fokus auf die wohlriechenden Bohnen aus aller Welt. Bis 2005 der letzte konsequente Schritt wartet: Mit dem Umzug nach Ebikon fokussiert sich die Familie ausschliesslich auf die Gourmet Rösterei. Bei jenem traditionellen Handwerk steht nach wie vor ein Mensch neben der Maschine und röstet die Sorten individuell.

Tochter Evelyne, welche mir soeben eine Tasse Filterkaffee aus Sumatra eingeschenkt hat, erinnert sich gerne an die kulinarisch vielfältige Zeit in Luzern: «Schon als Kind habe ich meine Eltern oft begleitet. Später liebte ich es, die Menschen zu beraten, wenn es um exotische Rezepte ging. Ausserdem pflegte mein Vater bereits damals den engen Kontakt zu den Lieferanten, welche uns oft besuchten. Diese Philosophie ist geblieben, auch wenn wir heute ausschliesslich Kaffee verkaufen, und weit von unseren Produzenten entfernt sind.»

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Äthiopien

Es ist 10 Uhr abends. Den beiden Schwestern Evelyne und Beatrice, welche seit 2016 die Geschicke der Rast Kaffee AG gemeinsam mit Adrian Gisler führen, schlägt die Hitze unbarmherzig entgegen. Es ist staubig und laut. Sie sind gelandet, im Ursprungsland des Kaffees, in Äthiopien.

    Evelyne Rast, Verkauf & Kaffee Akademie
    Wir orientieren uns nicht am Preis, sondern an nachhaltigen Projekten und erstklassiger Qualität.
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Nicolas Marcais von der Efico Foundation holt sie ab. Die Foundation setzt sich für Nachhaltigkeit im Kaffeehandel ein, für Qualität und transparente Wege. Adorman begleitet ihn. Adorman lebte in Paris im Exil, er hat studiert und nie vergessen woher er kommt. Nun exportiert er Äthiopiens Rohkaffee und sichert so Existenzen. Evelynes Augen leuchten: «Wir orientieren uns nicht am Preis, sondern an nachhaltigen Projekten und erstklassiger Qualität.» Die kleine Gruppe verlässt die lärmende Hauptstadt und reist in die Berge, wo die Plantagen warten. Und eine weite reduzierte Landschaft. Das habe sie am meisten fasziniert, dass Menschen so einfach leben. Umgeben von Kaffeebohnen, welche zu den Besten der Welt gehören. So nehmen die Schwestern verschiedenste Muster mit nach Hause. Während der Reise seien sie verblendet gewesen: «An jeder Strassenecke gibt es den besten Kaffee, welcher über dem Feuer geröstet wird. Erst zu Hause waren wir wieder im Stande objektiv zu degustieren und die passendsten Sorten für uns auszuwählen.» Von Kleinbauern geernteter Rohkaffee hat jedoch seinen Preis, egal woher er kommt.

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Vom Amazonas nach Luzern

Evelyne schenkt mir eine weitere Tasse ein. Diese Bohnen werden im Amazonas angebaut. Von einem Volk, welches sich erst jetzt behutsam der Welt öffnet. Vor zwei Jahren besuchte Häupling Surui gemeinsam mit seiner Tochter und diversen Kaffee-Mustern die Zentralschweiz. Eine imposante Erscheinung: «Die beiden trugen den traditionellen Federschmuck ihres Stammes, mir verschlug es fast die Sprache. Der Kaffee war ausgezeichnet. Nun mussten wir ihn aber im Markt platzieren, auch wenn er etwas teurer war.»

Sofort dachte sie an die Tavolago mit Geschäftsführer Fredy Wagner, der immer ein offenes Ohr für aussergewöhnliche Geschichten hat. Sie verabredeten sich für ein Abendessen. Das Geschäftliche besprachen sie schnell. Heute vereint der Tavola Blend verschiedenste Sorten aus Costa Rica und Brasilien, auch die Bohnen von Surui: «Die Begeisterung der Tavolago für Nachhaltigkeit ermöglicht es uns, solche Projekte zu unterstützen. Das schätzen wir sehr.» Die Wertschätzung ist gegenseitig. Im letzten Dezember zeichnete die Tavolago Rast Kaffee als «Lieferanten des Jahres 2018» aus. Das überdimensionale Weinglas, welches dabei verliehen wird, darf in allen Betrieben im Offenausschank beliebig gefüllt werden. Davon haben die Rasts gerne Gebrauch gemacht. Denn: «Wir trinken auch Wein,» lacht Evelyne.

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